Diesen Artikel habe ich bereits auf meiner alten Page veröffentlicht. Ich will ihn heute – leicht angepasst – erneut posten:
Seitdem ich denken kann, habe ich mich künstlerisch betätigt. In meiner Kindheit war es nicht üblich, dass jeder Haushalt einen Fernseher hatte, es gab nicht dauernd Programm. Und natürlich durfte ich als Kind auch nicht alles schauen, was es vielleicht sogar im Fernsehen gegeben hätte. Meine ersten Trickfilmserien waren Wickie, Biene Maja, Sindbad, Pinocchio und Heidi. Mit Begeisterung habe ich die Figuren nachgezeichnet und viele Papiere damit gefüllt. In der Schulzeit habe ich sogar für Klassenkameraden die Figuren von Captain Future mit Vorder- und Rückseite gezeichnet und für wenig Geld verkauft.
Als Junge hatte ich immer einen Block und einen Kugelschreiber dabei und irgendwie alles gezeichnet, was mir vor die Augen kam oder einfach vor mich hingescribbelt. Es wird nicht groß verwundern, wenn ich jetzt erzähle, dass es mein Kindheitstraum war, einmal Trickfilme, Bilderbücher und Comics als Lebensunterhalt zu machen. Wie bei vielen jungen Künstlern waren da aber bald auch die Stimmen, die einem diesen Wunsch ausreden wollten und einem nahelegten, einen „sicheren“ Beruf zu ergreifen und keine brotlose Kunst zu betreiben. Und so war ich lange davon geprägt, dass meine Kunst minderwertig und nicht gleichwertig mit anderen Berufen und Fertigkeiten wäre.
Über die Jahre habe ich immer wieder mehr oder weniger mit meiner Kunst gemacht, es gab Zeiten wo ich fast gar nichts gezeichnet habe, dann wieder mal mehr. Aber immer war es schwierig meine Kunst als vollwertig anzusehen. Nach meinem Abitur war ich über die Jahre ja immer in verschiedenen Jobs und Tätigkeiten beschäftigt. Als Webdesigner ergab sich hier und da mal eine Möglichkeit, eine Zeichnung oder eine Animation unter zu bringen. Auch wenn ich als Designer kreativ tätig werden konnte und das am ehesten an meinen Kindheitswunsch herankam, war es nie wirklich das, wofür mein Herz schlug und brannte. Und dann gab es ja noch die Beschäftigungen und Jahre, wo ich Tätigkeiten nachging, die ganz weit weg von diesem Wunsch und ideal waren.
Ich weiß nicht, woran das wirklich liegt, aber ich erlebe es auch ganz oft, dass mich einiges davon abhält wirklich zeichnerisch und künstlerisch tätig zu sein. Irgendwie sitzt da noch dieses Ding im Nacken, dass Kunst nicht vollwertig ist. Obendrauf kommen dann noch die Angst vor dem bedrohlichen weißen Blatt Papier, Versagensängste und der Vergleich mit Künstlern, die um Welten besser und nie erreichbar zu sein scheinen…
Über die Jahre habe ich mich immer wieder mit der Frage nach der Berechtigung von Kunst beschäftigt. Ich hatte mir überlegt, ob es nicht besser wäre, handwerklich begabt zu sein, dann könnte man wenigstens mit anpacken. Und auch in schlechten Zeiten würde man dann ein Auskommen haben, denn dann hätten die Leute bestimmt kein Geld mehr für Kunst übrig…
Erst in den letzten Jahren habe ich mehr und mehr realisiert, wie wichtig Kunst ist, dass es sogar eine Notwendigkeit ist. Kunst und Schönheit ist nicht nur ein Gimmick, ein Addon auf das man notfalls auch verzichten könnte. Nein, Kunst ist ein wichtiger und lebenswichtiger Bestandteil des Lebens. Kunst gibt unserer Seele etwas, das sie stark macht, strapazierfähiger, das uns sogar hilft uns besser zu Recht zu finden.
Ein einfaches Beispiel sind schön und übersichtlich gestaltete Verkehrsführungen oder Menüs. Wenn sie schön und durchdacht sind, kommt man schneller und einfacher ans Ziel, wie wenn jemand schnell ein paar Texte zusammengeklatscht hat, der von Kunst, Gestaltung und Grafik keine Ahnung hat.
Unser Gehirn kann Sachen leichter verarbeiten, die mit Bildern, Emotionen und Erinnerungen zu tun haben. Oft schließen wir vom optischen Erscheinungsbild einer Ware oder Sache auf deren Qualität. Das stimmt dann oft auch, dann ist darin aber oft auch viel mehr Arbeit und kreative Energie, die dann entsprechend kostet. Sehr schön dargestellt in einem Vortrag, über den ich vor Jahren schon gebloggt habe:
Design, die schönste Sprache der Welt.
Wie sehr werden wir doch von einem bildgewaltigen Kinofilm, berauschender Musik und schönen Gemälden berührt. Viele Menschen können Sachverhalte auch besser aufnehmen und verstehen, wenn sie sie sehen können oder mit Schaugrafiken schlüssig dargestellt bekommen. Nicht umsonst gibt es immer mehr Erklärvideos.
Es gibt eine Geschichte vom ersten Aufenthalt Rainer Maria Rilkes in Paris. Jeden Tag ging er mit einer Französin über einen Platz, auf dem eine Bettlerin saß. Er gab ihr nie etwas, die Frau gab jedoch öfter ein Almosen.
Auf die Frage, warum er nie etwas gab, antwortete er: „Wir müssen ihrem Herzen schenken, nicht ihrer Hand!„. Danach schenkte er der Bettlerin eine weiße Rose, worauf diese eine Woche nicht zu sehen war.
Als dann die Bedürftige auf einmal wieder da war, fragte die Begleiterin Rilke, wovon sie denn die ganze Woche gelebt hätte. Rilke nur: „Von der Rose!“ (ausführlicher hier)
Eines meiner Lieblingsbilderbücher aus meiner Kindheit ist „Frederick“ von Leo Lionni. Heute verstehe ich noch viel tiefer warum das so ist. Ich will noch schnell für diejenigen die Geschichte kurz nacherzählen, die dieses wunderbare Buch noch nicht kennen. Frederick gehört einer Familie schwatzhafter Feldmäuse an. Alle beginnen fleißig Vorräte für den Winter zu sammeln: Stroh, Samen, Körner und Nüsse. Alle sind voller Eifer dabei und rackern sich ab, nur Frederick scheint faul auf einem Stein zu sitzen, zu schlafen und sich zu sonnen. Als sie ihn vorwurfsvoll fragen, was er denn tue, antwortet er: „Ich sammle Sonnenstrahlen, Farben und Worte für den Winter!“
Glücklicherweise lassen sie ihn dabei in Ruhe. Als dann der Winter kommt, verkriechen sie sich in ihre Mauer und leben von den Vorräten. Doch der Winter ist lang und die Vorräte gehen langsam zur Neige. Da erinnern sie sich an die Worte von Frederick und bitten ihn nun das weiter zu geben, was er den ganzen Sommer gesammelt hat. Frederick heißt sie die Augen zu schließen, es sich gemütlich zu machen. Wortgewaltig und kunstvoll malt er ihnen die Sonnenstrahlen und die Farben des Sommers vor Augen und schließt mit einem wundervollen Gedicht über die Jahreszeiten. Den Mäusen wird es warm ums Herz, sie leben wieder auf und feiern Frederick als Dichter!
Als Kind fand ich die Geschichte einfach schön und rührend. Irgendwie habe ich mich mit Frederick aber auch immer identifiziert. Heute verstehe ich auch warum. Diese Geschichte ist ein leidenschaftliches Plädoyer für die Notwendigkeit von Kunst und dass sie allen anderen Berufen gleichwertig ist. Wie in der Geschichte wird grade in den harten Zeiten die Kunst benötigt und ist geradezu lebensnotwendig.
Ich kann es nicht genau beschreiben, aber irgendwie erlebe ich in letzter Zeit, dass meine Kunst sich unbemerkt verändert hat. Sie ist auf einmal ausdrucksstarker. Als ich noch dabei war, das Bild „Durchbruch“ zu zeichnen, fragte mich eine Frau nach dem Bild. Es war sowieso grade eine Austauschzeit und Gelegenheit für Gebet. Auf einmal fing diese Frau an zu weinen und hörte nicht mehr auf. Ich dachte zunächst, das sich das auf unser Gesprächsthema bezog. Aber es stellte sich heraus, das es an meinem Bild lag und etwas tief in ihr ansprach. Das berührte mich natürlich auch sehr.
Vor kurzem erzählte mir ein Freund, das ihm eine meiner Postkarten wortwörtlich das Leben gerettet hat. Ich wusste noch sehr genau, das ich vor Jahren auf dem Freakstock für ihn gebetet hatte. Wir knieten im Staub vor der Mainstage bei einem Gottesdienst. Nach meinem Gebet holte ich eine meiner Postkarten heraus und schenkte sie ihm. Es war offensichtlich, dass ihn die Karte „Tieftes Herz“ stark berührt hat. Aber nun erzählte er mir vor kurzem, dass er damals durch eine große Depression ging und mit Suizidgedanken kämpfte. Und diese Karte hatte ihm das Leben gerettet!
Kunst vermag etwas zu bewirken, was kein Gebet, keine Seelsorge und vielleicht noch nicht mal ein prophetisches Wort zu bewirken vermag!
Auf der Holy Spirit Night sprach Paul Manwaring über die Vaterliebe Gottes und die Reaktion und die Motive der beiden Söhne. Etwas ungewöhnlich vielleicht. Aber mich hat die Interpretation zutiefst angesprochen, dass der Vater den jüngeren Sohn vielleicht deshalb hat gehen lassen, weil er ihn freisetzen und seine Träume verwirklichen lassen wollte. Irgendwie hat das etwas mit mir gemacht. Denn ich habe mich eigentlich immer danach gesehnt, dass meine Kunst irgendwie angenommen und freigesetzt worden wäre und ich darin bestätigt worden wäre, damit meinen Weg zu gehen, um davon auch zu leben (ich will nicht sagen, dass dies nicht auch passiert wäre. Meine Eltern haben viel dafür getan, dass ich in meiner Begabung gefördert und ausgebildet wurde). Emotional hat aber doch irgendwas gefehlt, dass ich mich bestätigt gefühlt hätte, dass meine Kunst gleichwertig mit einem anderen Beruf wäre und die gleiche Berechtigung hat.
Während ich diese Zeilen schreibe, werde ich selber sehr berührt und erkenne die Notwendigkeit mich auch mit meiner Kunst an die Welt zu verschenken. Ich habe etwas zu geben, was die Welt braucht, sie ermutigt, sie freisetzt und einfach das Leben schönmacht. Zu schade um nebenher zu laufen, nur als Hobby. Ich will noch mehr den Schwerpunkt darauf legen, wie ich mehr Zeit dafür verwenden kann, auch Wege zu finden von meiner Kunst zu leben, dass ich mich voll und ganz dem widmen kann, dass die Welt mehr von meiner Kunst sehen kann.
Vor einigen Jahren hat Gott vermehrt zu mir gesprochen, dass es Zeit ist meine Kindheitsträume zu verwirklichen. Es hieß dass es am Anfang noch holprig sein und finanziell herausfordernd sein würde. Wenn ich aber weitergehen würde, der Durchbruch kommen und ich gut davon leben können werde.
Ganz krass war dies als ich noch als Briefzusteller bei der Deutschen Post gearbeitet habe. Gott hatte dort öfter darüber gesprochen, dass ich dort sein solle bis er mir sagen würde, dass ich etwas Neues tun solle. Wenn es nach mir gegangen wäre, wäre ich da nicht lange geblieben. So war es sehr herausfordernd, dass ich dort mehr als 3 Jahre gearbeitet habe. Ihr könnt euch vorstellen, dass das folgende prophetisches Wort wie eine Bombe bei mir eingeschlagen hat.
Auf einem prophetischen Seminar gab es eine Übung, wo wir zu zweit gegenseitig von Gott füreinander hören sollten. Die Fragestellung war: „Ein kurzfristig erreichbares Ziel„. Die Frau, die mit mir betete, kannte ich gar nicht und hatte sie auch noch nie vorher auf einem entsprechenden Seminar gesehen, wie das ja sonst so oft der Fall ist. Sie war sich auch total unsicher. Sie hat ein Bild von einer Briefmarke vor Augen und das Wort dazu: „Die Zeit der Briefmarken ist vorbei. Neues in deinen Gaben!“ Das war für mich die Freiheit weiter zu ziehen und nun bin ich dabei heraus zu finden, was das denn konkret heißt: „Neues in den Gaben…“